Ein Hilfsmittel in der Ladungssicherung ist der Kantenschutzwinkel (KSW). Der landläufig bekannte Begriff vermittelt leider einen falschen Eindruck über die wesentliche Funktion.
Darüber möchte ich in diesem Blog eine paar Worte verlieren.
Der Kantenschutzwinkel müsste eigentlich Kantengleiter heißen, denn seine Hauptaufgabe ist die bestmögliche Verteilung der Vorspannkraft über die gesamte Ladung. Das heißt, die Reibung zwischen Spanngurt und KSW sollte möglichst gering sein. Damit ist klar, dass er hauptsächlich beim Niederzurrverfahren zur Anwendung kommt, weil hier die Vorspannkraft in Verbindung mit der Reibkraft, das wesentliche Element ist.
Das Ausgangsmaterial für KSW ist sehr vielfältig. Es kommen überwiegend Kunststoffe, aber auch Metalle, Recyclingmaterial oder Pappe zur Anwendung. Jedes Material hat Vor- und Nachteile, die immer von der konkreten Anwendung abhängen.

Die Vielfalt an Kantenschutz ist groß und immer wieder findet man neue Lösungen und Varianten.
Ob sie in der konkreten Anwendung tatsächlich die Anforderungen erfüllen, ist manchmal fraglich.
Auf diesem Bild ist zu sehen, dass der Winkel bereits beschädigt ist und damit die Kernfunktion nicht mehr erfüllen kann.
Ursachen dafür sind sprödes Material, falsche Anwendung oder altersbedingte Materialermüdung.
Fahrer und Verlader sollten diesen Winkel aussondern und ersetzen.
Beim Aufbringen der Vorspannkraft kann mit einem stabilen Winkel die Ladung beschädigt werden. Ist der Winkel instabil, wird er sich aufbiegen/verformen und dauerhaft beschädigt sein. Was tun?
Manche KSW sind so ausgeführt, dass sie eine Hohlkehle bilden, um besonders empfindlichen Kanten der Ladegüter zu schützen.
Das ist bei Plattenware der Fall. Z.B. Spanplatten, Gipsplatten, Nut-Feder-Bretter usw.
Bei Metallwinkeln wird das im Regelfall gut funktionieren.
Dieser Winkel mit Hohlkehle ist speziell für den Papierbereich aus stabilem, steifen Kunststoffmaterial gefertigt worden.
Bei Ladegütern, die auch über rechtwinklige Kanten verfügen, ist er ebenso einsetzbar. Sobald der Zurrwinkel jedoch wesentlich kleiner als 90° wird, kommt es zu ungünstigen Belastungen des Winkels.
Setzt man ihn bei nicht rechtwinkligen Ladegütern ein, wird er beim Spannen brechen.
Auf diesem Bild sieht man, dass der Schaden bereits bei einer anderen Ladung entstanden ist und die Beschädigung wird hier, obwohl diese Ladung geeignet wäre, besonders deutlich.
Bei einer hohen Vorspannkraft wird in dieser Situation nicht nur die Spannkraftverteilung reduziert, sondern auch die Ware beschädigt.
Kantenschutzwinkel aus stabiler, verleimter Pappe leisten in vielen Fällen gute Dienste und verbessern die Verteilung der Vorspannkraft.
Falls auch die Materialkanten geschützt werden sollen, dann ist diese Winkelvariante eher überfordert.
Diese stabilen Kantenschützer haben sich vor allem in der Baubranche durchgesetzt, weil sie in unterschiedlichen Längen verfügbar sind.
Vergleichbare Winkel werden auch aus Stahl oder Alu hergestellt.
Ein weiterer Aspekt ist die Verwendung von Kantenschutzwinkeln, um die Ladung kompakt zusammenzuhalten und sie stabiler zu sichern.
So lassen sich mit langen, stabilen Kantenschutzwinkeln Ladeeinheiten zusammenfassen. Gleichzeitig reduziert sich der Sicherungsaufwand.
Auch andere Ladeeinheiten mit ähnlichen Proportionen lassen sich so kompakt sichern. Z.B. Getränke, IBC; Fässer usw.
Ein vergleichbarer Effekt lässt sich auch mit Winkeln aus Aluminium oder Stahl erreichen. Allerdings ist auch das Handling und die Unfallgefahr zu berücksichtigen.
Mit stabilen Blechkantenschützern lässt sich auch problemlos ein Kopflashing herstellen. Es sind jeweils zwei Winkel erforderlich. An diesem Winkel können drei Gurte eingesetzt werden.
Es gibt diese Winkel zwischenzeitlich in den verschiedensten Varianten. Das Bild zeigt einen Winkel der für zwei Spanngurte ausgelegt ist.
Die Sicherungskraft ergibt sich aus der Summe der aktiven Anschlagpunkte am LKW. Zwei Gurte übertragen die Kraft auf vier Zurrpunkte.
Daraus ergibt sich überschlägig eine Sicherungskraft von ca. 8.000daN ohne die Zurrwinkel und die Reibkraft zu berücksichtigen, was eventuell notwendig ist.
Bei Ziegelpaletten, welche mit der Klammergabel entladen werden muss darauf geachtet werden, dass ein Abstandshalter am Ende oder Anfang der Ladung verwendet wird.
Er sorgt dafür, dass beim Bremsen der Gurtumfang und damit die Sicherungskraft erhalten bleibt.
Die vorstehenden Ausführungen lassen erkennen, dass Kantenschutzwinkel/Kantengleiter durchaus ein Produkt mit Potential sind, das ausgeschöpft werden kann. Der sachkundige Leser wird aus der Darstellung die wesentlichen Randbedingungen herausfiltern und auf andere Ladungen übertragen können.
Ziel muss immer sein, die Ladung schnell und effizient gegen etwaige Beschleunigungen und Bewegungen zu sichern. Die in den neuen LKW´s verbauten, nicht mehr abschaltbaren Assistenten erhöhen das Risiko, dass der Assistent mit einer Vollbremsung eingreift, wo der Fahrer vielleicht nur das Gas weggenommen hätte.
Es wäre schön, wenn alle Beteiligten sich der Sache beschäftigen. Meine Beiträge sind keine Königslösungen, sondern Informationen um unternehmensspezifische Lösungen zu entwickeln.
Packen Sie es an, es gibt noch viel zu tun.
Ihr Sigurd Ehringer
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Folge 57: Staupolster im LKW: Die korrekte Anwendung
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