In verladenden Unternehmen sind die Eingangskontrollen von Fahrzeugen, mit denen Waren transportiert werden sollen, ist immer wieder ein Diskussionsthema. Häufig steht am Anfang die Feststellung: nein, ich muss nicht kontrollieren, weil das nur bei Gefahrgut vorgeschrieben ist. Wir haben kein Gefahrgut, also müssen wir nicht kontrollieren.
Ich sehe diese Diskussion aus einem anderen Blickwinkel und stelle die Frage: Entspricht der Zustand des Fahrzeugs und dessen Qualität dem Preis, der für die Transportleistung zu entrichten ist? Das setzt natürlich voraus, dass die Anforderungen an die Transportleistung definiert sind, damit Angebote verglichen werden können. Es muss also eine Spezifikation für das Fahrzeug, dessen Zustand und dessen Ausstattung in Abhängigkeit von den zu transportierenden Produkten erarbeitet werden.
Das sollte auch unter dem Aspekt gemacht werden, damit die Vereinbarungen mit den Kunden bezüglich Liefertreue und Produktqualität eingehalten werden können. Die Liefertreue kann z.B. nicht eingehalten werden, wenn die Kontrollbehörden wegen Mängel am Fahrzeug oder unzureichender Ladungssicherung die Weiterfahrt untersagen oder sich die Kontrolle unnötig in die Länge zieht.
Die Fahrzeuge sollten also in eigenem Interesse kontrolliert werden und nicht nur deswegen, weil es der Gesetzgeber unter bestimmten Randbedingungen vorschreibt.
Nicht wenige Unternehmen haben einen sehr hohen Qualitätsanspruch an ihre Produkte. Dieser Anspruch wird aber nicht selten nach der Endkontrolle in der Produktion nicht mehr weiter aufrechterhalten. An der Qualität der Transportmittel, der Ablauforganisation und dem Personaleinsatz wird dann gespart.
Nach der Verladung entsteht das nicht kalkulierbare Risiko, dass der Kunde/Empfänger die Ware nicht in dem Zustand bekommt, wie er sie bestellt hat oder er bekommt sie verspätet oder gar nicht. All dies führt zu Rücksprachen, Reklamation, Preisnachlässen und im schlimmsten Fall geht der Kunde als Geschäftspartner verloren. Diese Situation sollte von keinem Unternehmen billigend in Kauf genommen werden.
Um es gleich vorweg zu nehmen, die Kontrolle ist eine in Augenscheinnahme und keine TÜV-Überprüfung. Es geht um Merkmale die offensichtlich sind.
Der allgemeine Eindruck, den das Transportfahrzeug vermittelt, sollte die weiteren Maßnahmen steuern.


Die beiden Bilder vermitteln einen schlechten Eindruck, der sich bei weiterer Betrachtung verstärkt hat. Solche Fahrzeuge fallen auch den Kontrollbehörden auf, werden überprüft und gegebenenfalls stillgelegt.
Eine Fahrzeug- und Ausrüstungsspezifikation sollte mindestens die folgenden Punkte enthalten:
1. Aufbauart/Fahrzeugtyp: Kofferaufbau, Kühlaufbau, Schiebeplane, Bordwandfahrzeug
2. Aufbaufestigkeit nach der EN-12642 Code XL, falls formschlüssig geladen werden kann.
3. Anzahl der beidseitigen Zurrösen nach EN-12640 bzw. Lochleiste, falls nicht formschlüssig geladen werden kann und zusätzlich gesichert werden muss.
4. Anzahl und Art der Sicherungsmittel
- Angabe zu LC und STF
- Langhebel-Zugratsche
- Zwei Kantengleiter (Kantenschutzecken) je Gurt
- Anzahl und Art den Antirutschmatten (gem. VDI-2700 Blatt 14) je Palettenstellplatz
- Sonstige Sicherungsmittel
- Abweichungen können durch Ersatz-/Ergänzungskauf ausgeglichen werden.
5. Das Fahrzeug muss bezüglich des Zustandes und Verkehrssicherheit den Vorgaben der StVO und StVZO entsprechen.
6. Hinweis auf Merkmale die zur Ablehnung des Fahrzeuges führen
- Abweichungen von den Punkten 1 bis 5
- Schäden am Fahrzeug, welche die Kontrollbehörde zu Maßnahmen veranlasst könnte
- Schäden am Fahrzeug, welche die Produktqualität während der Transportphase beeinflussen können.
- Unkooperatives Verhalten des Fahrpersonals
Die nachfolgenden Bilder sollen Beispiele sein, die für eine Ablehnung sprechen.














Hier noch ein paar Stichpunkte für das genauere Hinsehen:
- Schäden an Tragenden Teilen des Fahrzeug-/Aufbaurahmens
- Nicht ausgeführte oder unsachgemäß ausgeführte Reparaturen
- Schäden an den Lattentaschen, bzw. deren Fehlen, wodurch das richtige Positionieren der Einstecklatten und damit die formschlüssige Sicherung nicht möglich ist oder erschwert wird. Die Ladung könnte durch defekte Lattentaschen beschädigt werden.
- Beschädigte oder abgefahrene Reifen, was zur Untersagung der Weiterfahrt führen könnte.
Noch ein Wort zur Qualität des Fahrpersonals. Der Fahrzeugführende ist der Vertreter des Spediteurs oder Frachtführers gegenüber dem Auftraggeber. Es ist nicht akzeptabel, dass sich dieser unkooperativ, sexistisch oder in einer anderen Weise abseits der üblichen Umgangsformen verhält.
Das Verladepersonal kann das Hausrecht des Inhabers gegenüber dem Fahrpersonal vertreten. Aufgrund der besseren Kenntnisse hinsichtlich des Ladegutes und dessen Ladungssicherung sollte das Verladepersonal die Führung beim Verladeprozess übernehmen und den Fahrer kooperativ mit einbinden.
Meine Überlegungen sollen dazu anregen, sich tiefer mit dieser Thematik zu beschäftigen und das allgemeine Risiko während der Transportphase für alle Beteiligten zu reduzieren. Sie sind alle durch konkrete Beispiele/Vorfälle aus fast 30 Jahren praktischer Erfahrung in der Verladerbranche entstanden.
Packen Sie es an, es kann nur besser werden!
Ihr Sigurd Ehringer

Sigurd Ehringer
✔ VDI-zertifizierter Ausbilder für Ladungssicherung ✔ Fachbuch-Autor ✔ 8 Jahre Projektmanager ✔ 12 Jahre bei der Bundeswehr (Kompaniechef) ✔ 20 Jahre Vertriebserfahrung ✔ seit 1996 Berater/Ausbilder in der Logistik ✔ 44 Jahre Ausbilder/Trainer in verschiedenen Bereichen —> In einer Reihe von Fachbeiträgen aus der Praxis, zu Themen rund um den Container und LKW, erhalten Sie Profiwissen aus erster Hand. Wie sichert man Ladung korrekt und was sind die Grundlagen der Ladungssicherung? Erarbeitet und vorgestellt werden sie von Sigurd Ehringer, Inhaber von SE-LogCon.
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