Der Code-XL-Aufbau, das Zauberwort in der Ladungssicherung. Nicht wenige Verlader und auch Fahrer sind der Meinung, jetzt muss nur noch geladen und nicht mehr gesichert werden.
Das ist nur zum Teil richtig. Die weise Antwort lautet: „Es kommt darauf an“. Ja worauf denn?
Die Anforderungen
Die Europa-Norm mit dem sperrigen Titel:
EN-12642 „Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen – Aufbauten an Nutzfahrzeugen – Mindestanforderungen“ ist eigentlich eine Prüfvorschrift für Aufbauten.
Unabhängig davon, wie der Aufbau technisch ausgeführt ist, muss:
- Die Stirnwand auf ganzer Breite und bis ¾ der Höhe einer Kraft standhalten, die 50% der technischen Nutzlast entspricht
- Der seitliche Aufbau 40% halten
- Das Heckportal 30% halten
Diese Kräfte müssen entweder statisch oder dynamisch im Rahmen von Fahrversuchen getestet und nachgewiesen werden. Dabei darf sich der Aufbau elastisch bis 300 mm verformen. Eine bleibende Verformung von maximal 20 mm ist zulässig, sofern die Funktion nicht beeinträchtigt wird.
In der neuesten Ausgabe wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die nachgewiesenen Kräfte auch für die Berechnung der Ladungssicherung genutzt werden dürfen. Das war in den vorangegangenen Ausgaben nicht der Fall, obwohl die meisten Verlader es so gehalten haben.
Der Nachweis dieser Prüfung erfolgt im Regelfall im Rahmen eines Zertifikats, in dem der Hersteller auch die Randbedingungen darlegt, unter denen der Aufbau zur Ladungssicherung genutzt werden kann. Es ist auch bestimmt, dass der Aufbau jährlich von Sachverständigen auf Tauglichkeit zu überprüfen ist. Im Zertifikat ist auch die Angabe der technischen Nutzlast zu finden und die Fahrgestellnummer, auf die es sich bezieht.
Die meisten Hersteller beschreiben in ihren Zertifikaten die folgenden Randbedingungen für die Ladungssicherung über den Aufbau:
- Formschlüssiges Laden/Stauen beginnend an der Stirnwand
- Ladungsbreite 2,40 m
- Maximaler Abstand zum Heckportal 15 cm
- Reibbeiwert der Ladefläche von mindestens μ=0,3
Kennzeichnungspflicht
Die Norm verpflichtet die Hersteller, ihre Fahrzeuge mit einem Label zu kennzeichnen, das dem Verlader/Fahrer die wichtigsten Informationen über die Aufbaufestigkeit vermittelt.
Die Zahlenangaben sind herstellerspezifisch und aufbaubezogen.
Leider wir dies von manchen Herstellern nicht konform umgesetzt, sondern anders gestaltet und nicht am empfohlenen Platz angebracht. Der Verlader sollte, unabhängig von der Kennzeichnungspflicht der Hersteller, organisatorisch sicherstellen, dass der Fahrer das Zertifikat zur Hand hat.
Im Zertifikat ist meist auch ein salomonischer Hinweis des Herstellers zu finden, dass bei abweichenden Bedingungen zusätzliche Sicherungsmaßnahmen gemäß der VDI-2700ff „Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen“ vorgenommen werden müssen.
In der Praxis herrscht jedoch nicht selten Unklarheit darüber, wie die Randbedingungen umgesetzt werden müssen. Die Ursachen liegen meistens darin, dass die Ladung nicht so optimal auf das Fahrzeug passt, wie sich der eine oder andere das wünscht. Ursachen können sein:
- Die Ladeeinheiten entsprechen nicht dem Euromaß und sind zu lang, zu kurz, zu breit oder zu schmal
- Die Ladeeinheiten sind zu schwer und die Nutzlast ist ausgereizt, aber der LKW nicht voll beladen
- Die Lastverteilung macht Probleme
- Die Ladeeinheiten sind instabil (z.B. Bigbags oder Oktabins)
Fehlanwendungen
Aufgrund der Lastverteilung muss die Ladung nach hinten gesetzt werden. Als Abstandshalter wurde eine hochkant stehende Europalette eingebaut. Sie wirkt wie ein Dosenöffner.
So sieht das Ergebnis eines ungeeigneten Abstandhalters aus. Die Stirnwand wurde beim Bremsen nach vorn herausgedrückt.
So sieht der Aufbau aus, wenn sich die Ladung bewegt hat. Sie liegt rechts in der Plane und verbiegt die oberen Dachträger. Das ist besonders deutlich am linken Dachträger zu sehen.
Bei falscher Beladung kann auch die Stirnwand die Ladung nicht halten.
(Quelle: KLSK; Foto-des-Monats 2016-03)
Sobald die Ladungsbreite von 2,40 m unterschritten wird, muss die Ladung gesichert werden.
Ob in diesem Fall das einfache Niederzurren ausreicht, ist fraglich. Es wurden keine Antirutschmatten verwendet und der Gurt läuft über die instabile Ladeklappe der Gitterbox.
Fazit
Sollte es signifikante Vorfälle (z.B. durch Schäden am Aufbau) mit der Ladungssicherung geben, ist der Verlader gefordert nachzuweisen, wie er den Aufbau bewertet und welche Schlüsse er daraus gezogen hat.
Sich auf Aussagen von Fahrern, wie „das hält schon“, sollte man sich auf keinen Fall verlassen. In kritischen Fällen ist das Ablehnen der Beladung die sicherste Entscheidung.
In der nächsten Ausgabe des LaSi-Blogs werden Ladungsarten beschrieben, bei denen mit Problemen zu rechnen ist und welche Maßnahmen ergriffen werden können.
Ihr Sigurd Ehringer
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Sigurd Ehringer
✔ VDI-zertifizierter Ausbilder für Ladungssicherung ✔ Fachbuch-Autor ✔ 8 Jahre Projektmanager ✔ 12 Jahre bei der Bundeswehr (Kompaniechef) ✔ 20 Jahre Vertriebserfahrung ✔ seit 1996 Berater/Ausbilder in der Logistik ✔ 44 Jahre Ausbilder/Trainer in verschiedenen Bereichen —> In einer Reihe von Fachbeiträgen aus der Praxis, zu Themen rund um den Container und LKW, erhalten Sie Profiwissen aus erster Hand. Wie sichert man Ladung korrekt und was sind die Grundlagen der Ladungssicherung? Erarbeitet und vorgestellt werden sie von Sigurd Ehringer, Inhaber von SE-LogCon.