Die Ladungssicherung auf/in LKW`s erfolgt im Regelfall formschlüssig oder kraftschlüssig. Was es mit der formschlüssigen Methode auf sich hat und was zu beachten ist, habe ich in der Folge 23 beschrieben.
In dieser Folge soll das Sicherungsmittel „Spanngurt“ genauer beschrieben werden, vor allem unter dem Blickwinkel „Ablegereife“.
Die Vorschrift zum Herstellen und Prüfen von Spanngurten ist die EN-12195-2 „Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen“ Sicherheit Teil 2 „Zurrgurte aus Chemiefasern“ 2001-02.
Die Norm bezieht sich nur auf manuell betätigte Spannelemente mit einer maximalen SHF von 500N=50daN. Das ist die normale Kraft, welche aufgewendet werden muss, um die lt. Hersteller angegebene Vorspannkraft (STF) zu erreichen.
Diese Norm ist im Wesentlichen eine Prüfvorschrift, aber es werden auch die Nutzungsbedingungen und die Kennzeichnung beschrieben.
Bestandteile eines Zurrmittels
Ablegekriterien für Zurrgurte
Ein weiteres Regelwerk ist die VDI-2700 Blatt 3.1 „Gebrauchsanleitung für Zurrmittel“ 03-2023. Neu ist die Festlegung für Beschädigungen. Hier gibt die Richtlinie einen messbaren Wert vor.
Beschädigungen dürfen maximal 10% des Querschnitts betragen. Das gilt sowohl für die Breite, als auch für die Materialdicke. In der Praxis werden Schäden bezogen auf die Materialdicke häufig nicht ausreichend berücksichtigt.
Bei einer Materialstärke des Gurtbandes von ca. 3 mm sind Beschädigungen von 10% = 0,3 mm schnell erreicht.
Beide Gurte sind ablegereif.
Übermäßiger Verschleiß ist auch ein Ablegekriterium. Dies zu bewerten ist nicht einfach. Das Bild zeigt einen Gurt mit Beschädigungen wie sie entstehen, wenn immer die gleiche Ladung gesichert wird. Kantenschutzwinkel oder ein Schlauchkantenschutz würden solche Schäden verhindern.
Dieser Gurt ist ablegereif.
Ein solcher Schaden entsteht, wenn der Gurt eingehängt wird und dann die Einstecklatten direkt auf dem Gurt aufliegen. Dadurch wird er zwangsläufig beschädigt.
Dieser Gurt ist ablegereif.
Gurte die an den Nähten beschädigt sind oder wie die Bilder zeigen, unsachgemäß repariert bzw. hergestellt wurden, sind nicht zulässig und dürfen nicht verwendet werden.
Dieser Gurt ist ablegereif.
Übermäßiger Rost durch unsachgemäße Lagerung bzw. Aufbewahrung am Fahrzeug.
Dieser Gurt ist ablegereif.
Dieser Schaden am Gurtband weißt auf eine unsachgemäße Handhabung hin.
Dieser Gurt ist ablegereif.
So ein Schaden an der Ratsche entsteht, wenn der Bediener als Verlängerung des Spannhebels eine Latte, Nageleisen oder ein Metallrohr verwendet. Die maximale Handkraft von 50 daN wurde dabei weit überschritten.
Verlängerungen sind grundsätzlich nicht zulässig, es sei denn, sie sind speziell für diesen Zweck gebaut.
Dieser Gurt ist ablegereif.
Beschädigung eines Gurtes durch Überdehnung, erzeugt mit einer unzulässigen Hebelverlängerung. Von der ursprünglichen Gurtbreite 50 mm sind gerade noch 35 mm übrig.
Dieser Gurt ist ablegereif.
Die Knickprüfung
Um die Entscheidung über die Ablegereife zu erleichtern, vor allem wenn es um Schäden bezogen auf die Materialdicke geht, hat sich die Knickprüfung bewährt.
Der Gurt wird an der beschädigten Stelle über den Finger gelegt oder geknickt.
Dabei ist leicht zu erkennen, ob die 10%-Grenze überschritten wurde oder nicht.
Beispiel: Der beschädigte Gurt hängt an der Einstecklatte.
Die Knickprüfung ergibt, dass der Gurt definitiv ablegreif ist, weil die Beschädigung mehr als 10% der Materialdicke beträgt.
Fazit
Es ist wichtig, dass die Gurte auf einem Fahrzeug regelmäßig kontrolliert werden. Verantwortlich dafür ist der Fahrer als Benutzer, aber auch der Fahrzeughalter. Der Fahrer ist verpflichtet, vor jeder Verwendung den Gurt auf Ablegereife zu überprüfen.
Der Fahrzeughalter hat jährlich mindestens einmal eine Prüfung der Gurte durch einen Sachkundigen schriftlich nachzuweisen.
Aber auch der Verlader (Geschäftsführer oder bestellter Beauftragter) hat sicherzustellen, dass in der konkreten Ladesituation keine ablegereifen Gurte verwendet werden. Falls es zu einem Vorfall kommt, der eine Ordnungswidrigkeit zur Folge hätte, auf alle Fälle aber bei strafrechtlichen Konsequenzen (z.B. fahrlässige Körperverletzung), wäre auch der Verlader in der Verantwortung. Das lässt sich am besten mit einer Checkliste für eine Eingangsprüfung bewerkstelligen, die den Punkt der Gurtkontrolle beinhaltet, und einen Teil einer Arbeitsanweisung darstellt.
Ihr Sigurd Ehringer
<< Zum vorherigen Beitrag
Folge 28: Vorspannkraft (STF) und Zurrkraft (LC)
Zum nächsten Beitrag >>
Folge 30: Schäden am LKW – Wann sollte man eine Beladung ablehnen?
Sigurd Ehringer
✔ VDI-zertifizierter Ausbilder für Ladungssicherung ✔ Fachbuch-Autor ✔ 8 Jahre Projektmanager ✔ 12 Jahre bei der Bundeswehr (Kompaniechef) ✔ 20 Jahre Vertriebserfahrung ✔ seit 1996 Berater/Ausbilder in der Logistik ✔ 44 Jahre Ausbilder/Trainer in verschiedenen Bereichen —> In einer Reihe von Fachbeiträgen aus der Praxis, zu Themen rund um den Container und LKW, erhalten Sie Profiwissen aus erster Hand. Wie sichert man Ladung korrekt und was sind die Grundlagen der Ladungssicherung? Erarbeitet und vorgestellt werden sie von Sigurd Ehringer, Inhaber von SE-LogCon.