Beim Transport von Gütern sind viele beteiligt, um ein gemeinsames Ergebnis zu erzielen. Das gemeinsame Ergebnis ist das sichere Verbringen der Güter vom Erzeuger zum Verbraucher.
Dazwischen gibt es mehrere Transportphasen, in denen die Güter den so genannten TUL-Belastungen unterliegen. TUL steht für Transport-Umschlag-Lagerung.
In jeder Phase müssen die Güter/Ladung so gesichert werden, dass die TUL-Belastungen die Produkte nicht schädigen, unbrauchbar machen oder sie gar verloren gehen. In allen Phasen sind Personen beteiligt, die mit mehr oder weniger Sachkunde an ihre Aufgaben heran gehen.
Ich möchte diese Problematik unter folgenden Gesichtspunkten betrachten:
- Organisatorische Fehleinschätzungen
- Physikalische Fehleinschätzungen
1. Organisatorische Fehleinschätzungen
Sie beruhen häufig darauf, dass zwischen zwei Beteiligten ein erhebliches Informationsdefizit besteht.
Das könnte z.B. in der Form sein, dass ein Versender beim Stückgut-Spediteur einen Palettenstellplatz für seine Ladeeinheit bucht. Der Stückgut-Spediteur geht stillschweigend davon aus, dass es sich um eine Europalette handelt.
Beim Verladen stellt sich dann heraus, dass der Ladungsträger zwar tatsächlich eine Europalette ist, die Ladung aber erheblich über die Palettenränder hinaus ragt. Daraus ergibt sich sofort die Frage, wie kann die Ladung gesichert werden.
Ein Unternehmen baut Anlagen und bestellt beim Spediteur einen LKW. Beim Verladen der Anlage stellt man fest, dass die Zurrpunkte an der Ladefläche sich nicht an den Stellen befinden, wo sie benötigt werden.
Der Versender ist davon ausgegangen, dass der LKW eine Lochleiste hat. Er hat dabei übersehen, dass die Lochleiste keine in der EN-12640 vorgeschriebene Ausstattung ist. Dort sind nur die Festigkeit und Verteilung der Zurrpunkte in der Ladefläche geregelt.
Dieser Sattelauflieger aus England hat nur drei Zurrpunkte auf jeder Seite der Ladefläche. Das Beladen wurde abgelehnt.
Dieses Bild vom selben Auflieger zeigt, dass Verlader in der Not die Gurte am Rahmen einhängen.
Die Verbiegungen sind jedoch ein Hinweis darauf, dass der Rahmen für solche Belastungen nicht ausgelegt ist und nachgibt.
Es ist erforderlich, dass sowohl das Fahrzeug, als auch die erforderlichen Sicherungsmittel genau definiert werden.
Beispiel
- Sattelauflieger mit einer freien Nutzlast von 25.000 kg für eine Zuladung von 24.500 kg.
- Ausgestattet mit einer Lochleiste zum variablen Anbringen der Gurte.
- Je Zurrpunktpaar ein Spanngurt mit Langhebel-Zugratsche, STF=500 daN und LC=2.000 daN, jedoch mindestens 13 Gurte + 2 als Reserve.
- Je Gurt ein Paar Kantenschutzwinkel.
- Ein Sperrbalken-System mit zwei Sperrbalken und einer BC von je 4.000 daN für die Sicherung nach hinten.
- Je Palettenstellplatz 3 Streifen Antirutschmatten, Qualität gem. VDI-2700 Blatt 14.
Angaben zur Ladung: Anzahl der Ladungsträger, deren Gewicht und Abmessungen, sowie ein Hinweis, ob der/die Schwerpunkte mittig oder außermittig liegen. Ein LKW mit Vorladung wird nicht beladen.
Natürlich muss sichergestellt werden, dass vor dem Beladen des LKW die Ausrüstung und der allgemeine Zustand des Zuges kontrolliert wird. Es nützt wenig, den LKW zu beladen und das Risiko einzugehen, dass die Kontrollbehörden ihn wegen offensichtlicher technischer Mängel still legen und der Kunde seine Ware nicht oder zu spät bekommt.
2. Physikalische Fehleinschätzungen
Eine häufig vorkommende Fehleinschätzung ist das Verhalten der Ladung im Falle einer Vollbremsung oder Ausweichbewegung und deren Bewegungsrichtung.
Häufig sieht man, dass auf den LKW`s auch schwere Ladungen lediglich niedergezurrt sind. Vermutlich in der Annahme, dass ein Gurt, auf dem die Angabe LC=2.000 daN steht, auch 2.000 kg Ladung sichern kann. Diese Annahme ist so schlichtweg falsch. Seine maximale Wirkung könnte der Gurt erzielen, wenn die Ladung davonfliegen würde, aber nicht, wenn der Fahrer bremsen muss.
Das Durchschlaufen von Gurt oder Kette durch die Zugöse bringt nur eine Sicherungskraft nach vorn.
Bei einer Ausweichbewegung würde die Kette/Gurt durchrutschen und der Radlader rutscht vom Tieflader.
Mit viel Aufwand wurde diese Ladung mit Ketten und Gurten gesichert. Bewegen würde sie sich im Falle einer Vollbremsung trotzdem. Weder die Ketten, noch die Gurte könnten dies verhindern.
Die Reibung ist zu gering (Metall auf Metall) und die Winkel zu flach, deswegen ist der senkrecht wirkende Anteil der Vorspannkraft zu gering.
Fazit
Es ist notwendig, dass Anwender und Beteiligte sich mit ihrem Aufgabengebiet intensiver beschäftigen und die Problematik durchdringen. Im Organisationsbereich müssen die Gesetze, Vorschriften und Regeln in konkrete Handlungsanweisungen für die Ausführenden umgesetzt werden.
Bei der praktischen Anwendung muss die mögliche Bewegungsrichtung einer Ladung im Falle einer Vollbremsung oder Ausweichbewegung festgestellt werden. Die Richtung ist im Regelfall immer horizontal.
Erst dann kann bestimmt werden, ob eine kraftschlüssige Sicherungsmethode (Niederzurren) ausreichen würde oder ob nicht besser auf eine formschlüssige Methode (Formschluss zu Aufbauten, Direktzurren, Kopflashing usw.) zweckmäßiger und wirksamer ist.
Ihr Sigurd Ehringer
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Sigurd Ehringer
✔ VDI-zertifizierter Ausbilder für Ladungssicherung ✔ Fachbuch-Autor ✔ 8 Jahre Projektmanager ✔ 12 Jahre bei der Bundeswehr (Kompaniechef) ✔ 20 Jahre Vertriebserfahrung ✔ seit 1996 Berater/Ausbilder in der Logistik ✔ 44 Jahre Ausbilder/Trainer in verschiedenen Bereichen —> In einer Reihe von Fachbeiträgen aus der Praxis, zu Themen rund um den Container und LKW, erhalten Sie Profiwissen aus erster Hand. Wie sichert man Ladung korrekt und was sind die Grundlagen der Ladungssicherung? Erarbeitet und vorgestellt werden sie von Sigurd Ehringer, Inhaber von SE-LogCon.