Das Fahrzeug steht bereit. Die Ware ist verpackt und fertig zur Verladung. Aber mit welcher Verzurrart sichere ich meine Ladung auf dem LKW? Wie viele Gurte brauche ich dazu und in welche Richtungen kann die Ware sich bewegen?
Was einfach klingt, braucht vorab Fachwissen in den Themen Physik, Dynamik und auch Wissen über die unterschiedlichen Möglichkeiten Ladung zu verzurren.
- Wie kann der Reibwert erhöht werden?
- Wann wirken die Kräfte direkt, wann werden Sie verringert?
- Wie zurrt man runde Ware sicher?
- Sind Möglichkeiten zur Befestigung an der Ware angebracht?
Nachstehend zeigen wir Ihnen die gängigsten Verzurrarten und worauf es dabei ankommt.
Prinzipiell kann man diese in die vier Bereiche Direktzurren, Schrägzurren, Diagonalzurren und Schlingenzurren unterteilen. Aber sehen wir uns diese etwas genauer an.
Unterschiede zwischen Direktzurren und Niederzurren
- Direktzurren
Hier sichert die Zurrkraft (LC) die Ladung. Die eingebrachte Kraft entscheidet über die Leistungsfähigkeit der Sicherung. - Niederzurren
Bei dieser Sicherungsart sichert die Reibungskraft (zwischen Ladeeinheit und Fahrzeugboden) die Ladung. Die aufgebrachten Vorspannkräfte (STF) sind hier der entscheidende Faktor.
Diagonalzurren
Dieses kommt relativ häufig vor und verlangt nur eher geringe Vorspannkräfte (entgegen dem Niederzurren). Die Eigentliche Belastung entsteht nur bei starker Bremsung, Kurvenfahrt und beim Anfahren.
Der wichtigste Punkt beim Diagonalzurren ist der richtige Winkel der Zurrmittel. Diese dürfen nicht zu steil angelegt werden, da sonst die auftretenden Kräfte bei Kurvenfahrt bzw. Bremsen/Anfahren zu groß werden würden. Es sichert immer ein Zurrmittel eine der vier Ecken des Ladegutes.
Eine verlässliche Hilfe hierbei ist ein Zurrmittel-Rechner. Dieser liefert Ihnen zuverlässig sowohl die richtigen Winkel, als auch die benötigte Anzahl (mindestens vier, aber oft eben auch mehr) an Zurrmitteln.
Immer über Kreuz?
Die Zurrmittel werden zwar diagonal, aber nicht zwingend überkreuz angebracht. Es gibt verschiedene Arten, eine Diagonalzurrung anzubringen.
Das hat für den Anwender den Vorteil, den Zurrwinkel (Zurrmittel im Winkel zu Ladebodenkante) ggf. günstiger zu beeinflussen.
Wie Sie sehen können, variieren die Zurrwinkel je nach Art der Positionierung der Zurrmittel. Dabei ist die Sicherungskraft von folgenden Faktoren abhängig:
- LC (Lashing Capacity) der Zurrmittel im geraden Zug
- Die zulässige Zugkraft der verwendeten Zurrpunkte
- Die vertikalen und horizontalen Zurrwinkel in dem die Zurrgurte gespannt sind
Einfluss der Zurrwinkel
- Wird in eine Richtung besser gesichert, ist der Winkel in der anderen Richtung vernachlässigt
- Ungünstige Zurrwinkel bewirken, dass eine höhere LC erforderlich ist um die Ware zu sichern
- Sind die Winkel sehr ungünstig gewählt ist es sogar möglich, das zu Seite eine höhere LC notwendig ist als nach vorne
- Bei der Berechnung/Verladung ist es deshalb sehr wichtig, dass alle Winkel nachgemessen werden
Niederzurren
Diese Art der Ladungssicherung wird häufig in der Praxis verwendet. Der Zurrgurt wird über die Ware gelegt (Überspannung) und diese beim Spannen auf den Fahrzeugboden gedrückt. Durch die Reibwerte zwischen Ladung und Fahrzeugboden entsteht ein Kraftschluss der die Ware fixiert.
Naturgemäß ist bei dieser Art der Ladungssicherung oftmals eine höhere Anzahl an Zurrmitteln etc. notwendig. Der Verlader kann deren Anzahl durch den Einsatz reibwerterhöhender Zwischenlagen, z.B. Antirutschmatten oder Antirutschpapier verringern.
Ohne Einsatz dieser Antirutschmittel wirkt bei einer Vollbremsung das 0,8 fache des Ladungsgewichts in Richtung des Fahrers und bei einer Kurvenfahrt das 0,5 fache zur Kurvenaussenseite. Bei einem Ladungsgewicht von z.B. 5.000 kg wären das 4.000 kg bzw. ca. 4.000 daN nach vorne. Bei einer Kurvenfahrt entspräche das 2.500 kg, bzw. ca 2.500 daN.
Profi-Tipp: Achten Sie beim Kauf von Antirutschmatten auf die VDI-Richlinie 2700 Blatt 15. Nur wenn Sie beim Kauf darauf achten, dass die Antirutschmittel dieser Norm entsprechen, können Sie auch davon ausgehen einen Reibwert 0,6 ansetzen zu können. Neben der allgemeinen Haltbarkeit ist bei einer “billigen“ Antirutschmatte aus Gummi unter Umständen der Bindemittelanteil zu gering. Dadurch können sich einzelne Gummigranulate lösen und sogar eine Beschleunigung der Ware bei einer Bremsung verursachen.
Schlingenzurren
Es handelt sich dabei um eine Art der Direktzurrung. Dabei wird das Zurrmittel als Schlinge vor, hinter oder seitlich um die Ladung gelegt und an den Zurrpunkten des Ladebodens befestigt.
Kopflashing mit Palette
Mit einem Kopflashing können Sie relativ einfach eine rückwärtige Ladungssicherung erzeugen. Oder wenn z.B. durch Lastverteilung kein Formschluss zur Stirnwand erfolgen konnte wäre eine künstliche Stirnwand damit möglich. Hochkant stehende Paletten werden dazu mit der „glatten“ Seite an die Ware gestellt. Dadurch wird eine maximale Kraftübertragung auf die Ladung sichergestellt. Durch den Unterbau der Paletten ergibt sich zudem eine Hochhaltefunktion des Zurrgurtes, wenn dieser dort durchgeführt wird.
Auch hier ist, wie bei allen Verzurrarten der korrekte Winkel des Zurrgurts sehr wichtig. Im Falle eines Kopflashings sollte dieser unter 45° liegen um einen hohen formschlüssigen Anteil an Sicherungskraft zu erreichen. Der Schwerpunkt der Ware muss dabei immer unterhalb des Zurrmittels liegen.
Mehr Informationen über das Anbringen eines Kopflashings erhalten Sie in unserem Blogbeitrag Folge 6: Bucht- bzw. Kopflashing – was versteht man darunter?
Kopflashing mit Halteband
Alternativ kann ein Kopflashing auch mit einem Halteband (im Bild rot) erzeugt werden, wenn z.B. keine Palette zur Verfügung steht.
Das Halteband übernimmt dabei die Funktion des Hochhaltens, welche im vorhergehenden Beispiel die Palette geleistet hat. Dabei wird der horizontale Zurrgurt durch das Halteband (dieses hat an beiden Enden eine Schlaufe) und stirnseitig an der Ware vorbeigeführt.
Bei der Bestimmung des korrekten Winkels empfehlen wir auch hier einen Zurrmittelrechner. Ein Kopflashing kann in bzw. gegen die Fahrtrichtung erfolgen, oder auch nur in eine der beiden Fahrzeuglängsrichtungen. Die seitliche Ladungssicherung hat hier gesondert zu erfolgen.
Kopf-Kreuz-Lashing
Wenn das Ladegut dafür geeignet ist, wie z.B. bei Blockware, kann man auch ein Kopf-Kreuz-Lashing anbringen.
Dafür wird der eingehängte Zurrgurt nach oben über die Ware geführt und an der Stirnseite wieder unter der Ware durch, auf die andere Seite. Mit dem zweiten Zurrgurt verfährt man spielgelbildlich.
Dadurch entsteht ein stirnseitiges Kreuzlashing mit hoher Rückhaltekraft. Um die erforderlichen Werte gemäß Verladeplan zu erhalten, kann man diese Variante mit zusätzlichem Niederzurren über die Ware ergänzen.
Buchtlashing (Seitenschlingenzurren)
Das Buchtlashing wird auch in unserem Blogbeitrag Folge 6 genauer erklärt, deshalb hier nur einmal die wichtigsten Informationen dazu. Im Prinzip dient das Schlingenzurren hier als eine Art „Bordwandersatz“, da keine formschlüssige Verladung umgesetzt werden kann. Ein Umreifungszurren kann die Ware allerdings nur seitlich sichern. Eine Sicherung in Fahrzeuglängsrichtung hat hier gesondert zu erfolgen, z.B. durch eine Kombination mit einem Kopflashing.
Wie viele Verzurrarten kommt auch diese Variante ursprünglich aus der Seefahrt. Dabei werden Schlingen um die Ware gelegt und beide Enden am Fahrzeug befestigt. Dabei ist es wichtig, die Schlingen gegenüberliegend und symetrisch anzubringen. Nur dadurch können die Kräfte gegeneinander arbeiten und die Ladung zuverlässig sichern. Zumindest ist aber mit Minimum 3 Schlingen zu arbeiten.
In Fahrtrichtung ist das Buchtlashing fast nicht wirksam, sodass hier am besten mit einem Formschluss gearbeitet wird um eine Verrutschen zu verhindern.
Buchtlashing unter Verwendung von Zurrgurten (auf zwei verschiedene Ankerpunkte angewendet)
Buchtlashing kombiniert mit einem Kopflashing aus Ketten (mit Halteband) in Fahrzeugrichtung
Label auf dem Zurrgurt
Das Label eines DIN Zurrgurts gibt Ihnen Auskunft über die Vorspannkräfte, bzw. die damit maximal zu sichernde Ladungsgewichte. Auf der Zeichnung sehen Sie die unterschiedlichen Auswirkungen bei der Angabe der Werte von Direktzurren und Kopflashing in Gegensatz zu einem Niederzurren.
Beim Niederzurren werden die Kräfte umgeleitet, sodass hier nur von den durch Handkraft einzubringenden Vorspannkräften die Rede ist.
SHF = Standard Hand Force (Die Norm Handkraft die zum Spannen der Ratsche aufzubringen ist)
STF = Standard Tension Force (Das ist die Normkraft, welche durch Spannen auf das Zurrmittel übertragen wird)
LC = Lashing Capacty (Beschreibt die Zugfestigkeit eines Zurrgurts, also die maximale Belastbarkeit eines Zurrmittels im geraden Zug)
Achtung Fake
Was auf einem Zurrgurtlabel aufgedruckt werden muss und was nichts darauf verloren hat, ist in der der Europanorm EN 12195-2 geregelt. Dennoch werden hier immer wieder Fehler gemacht, insbesondere bei minderwertiger Ware aus Asien.
Nebenstehend sehen Sie ein Beispiel, dass mit einem geschulten Auge schnell als Fälschung und nicht der Norm entsprechend erkannt werden kann.
Fehler 1: Das Label weist die aufzubringenden Kräfte nicht in daN sondern in kg aus. Eine Angabe in Kilogramm hat auf dem Label nichts zu suchen, die Angaben sind immer in dekaNewton zu machen.
Fehler 2: Das CE Logo ist nicht mit dem offiziellen Signet der Kennzeichnung übereinstimmend. Das original ist halbbogenförmig ausgeführt, auf dem Label ist dies nur in Schrift (vermutlich für China Export) aufgedruckt. Einer EU Kennzeichnung nach CE entspricht dies natürlich nicht.
TIPP: Achten Sie beim Kauf von Zurrgurten auf korrekte Angaben wie EN 12195-2, CE-Kennzeichnung und richtige Angabe in daN. Nur so können Sie sicher sein, dass die Zurrmittel halten was Sie versprechen. Spart man hier an der falschen Stelle, kann es schnell teuer werden – nicht nur bei einer Kontrolle
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Sigurd Ehringer
✔ VDI-zertifizierter Ausbilder für Ladungssicherung ✔ Fachbuch-Autor ✔ 8 Jahre Projektmanager ✔ 12 Jahre bei der Bundeswehr (Kompaniechef) ✔ 20 Jahre Vertriebserfahrung ✔ seit 1996 Berater/Ausbilder in der Logistik ✔ 44 Jahre Ausbilder/Trainer in verschiedenen Bereichen —> In einer Reihe von Fachbeiträgen aus der Praxis, zu Themen rund um den Container und LKW, erhalten Sie Profiwissen aus erster Hand. Wie sichert man Ladung korrekt und was sind die Grundlagen der Ladungssicherung? Erarbeitet und vorgestellt werden sie von Sigurd Ehringer, Inhaber von SE-LogCon.