Die Ladungssicherung ist ein unerschöpfliches Thema und wer mit wachen Augen im Straßenverkehr unterwegs ist hat bestimmt erkannt, dass mehr Ladung gesichert wird als früher.
Denn sogar die Landwirtschaft verwendet immer mehr Sicherungsmittel. Ob sie allerdings wirksam sind, ist dabei fraglich. Vielleicht lässt sich das mit der folgenden Anekdote beschreiben.
Zwei Mütter unterhalten sich über ihre musikalischen Kinder.
Die eine: mein Sohn spielt Klavier und Deiner?
Die andere sagt stolz: meiner spielt auch Klavier!
Sagt die erste: soso, aber er spielt falsch.
Physik bleibt Physik
Die richtige Anwendung von Sicherungsmitteln macht die Maßnahme erst wirksam. Dazu muss man verstehen, was da eigentlich passiert.
Der §22 StVO beschreibt die Bedingungen: „selbst bei Vollbremsung oder plötzlicher Ausweichbewegung nicht verrutschen, umfallen, hin und her rollen, herabfallen oder vermeidbaren Lärm erzeugen.“
Damit wird deutlich, dass die Ladung bei einer Vollbremsung sich nicht parallel zur Ladefläche in Fahrtrichtung und bei einer Ausweichbewegung, ebenfalls parallel, aber quer zur Fahrrichtung dazu auch nicht bewegen darf. Daher muss diese Bewegung durch die Sicherungsmittel verhindert werden.
Reibung²?
Werden keine Sicherungsmittel verwendet, wird diese Bewegung alleine durch die Reibung zwischen Ladegut und Ladefläche gesichert. Dabei ist das Maß für diese Reibung der Reibbeiwert µ. Und je sauberer die Ladefläche, desto höher ist auch der Reibbeiwert.
An dieser Stelle ist es außerdem wichtig, den Unterschied zwischen Kraftschluss und Formschluss an einem Beispiel zu erläutern.
Im Bild zeigt der rote Pfeil in Fahrrichtung und dabei handelt es sich auch um die Richtung, in welche sich die Ladung bei einer Vollbremsung bewegen würde.
Diese Teilladung ist mir vier Gurten gesichert, 2x gelber Pfeil, 2x grüner Pfeil.
Die Winkel spielen bei allen Methoden eine große Rolle.
Wenn ein Gurt (gelber Pfeil) im rechten Winkel (90º) zur möglichen Bewegungsrichtung der Ladung angebracht ist, erhöht seine Vorspannung durch Druck das Ladungsgewicht und somit entsteht eine höhere Reibkraft zwischen Ladegut und Ladefläche. Dabei handelt es sich um Kraftschluss.
Ändert sich dagegen der Winkel (< 90º) gegen 0º, wird bei einer Ladungsbewegung der Gurt (grüner Pfeil) immer stärker auf Zug belastet. Dann sprechen wir von Formschluss.
+/- 45° ?
Ist der Zurrwinkel größer als 0º, aber kleiner als 90º, teilt sich die Sicherungskraft auf in einen formschlüssigen und einen kraftschlüssigen Anteil. Bei etwa 45º ändert sich das Verhältnis.
Das Niederzurren ist eine kraftschlüssige, während das Buchtlashing/ Kopflashing und das Direktzurren eine formschlüssige Sicherungsmethode ist. Hierzu ist es auch wichtig, dass man zwischen den verschiedenen Angaben auf einem Gurtetikett unterscheidet.
Die gelb umrandete Information ist für das Niederzurren zu verwenden. Dieser Gurt kann beim Niederzurren mit einem angenommenen Reibbeiwert von µ=0,3 (besenreine Ladefläche) und einem Zurrwinkel von 90º, eine Sicherungskraft von 600 daN x 0,3 = 180 daN erbringen.
Für das Direktzurren sind die grün umrandeten Informationen zu verwenden. Dabei kann der Gurt im geraden Zug, bei einem angenommenen Zurrwinkel von 0º, eine Sicherungskraft von 2.500 daN erbringen.
Beim Buchtlashing/Kopflashing erhöht sich dieser Wert auf 5.000 daN, da der Gurt in zwei Zurrösen der Ladefläche eingehängt wird. Die Begrenzung ist hierbei die Belastbarkeit der Zurrösen. Haben diese eine Festigkeit von 2.000 daN (Standard), dann reduziert sich die Sicherungskraft auf 4.000 daN.
Kopflashing
Nun sind die Voraussetzungen für die genauere Erklärung von Buchtlashing und Kopflashing geschaffen.
Das Kopflashing ist eine hervorragende Methode, um eine Ladung nach hinten zu sichern. Dabei bilden die hochkant stehenden Paletten eine Fläche zur besseren Kraftübertragung und halten die Gurte zudem in Position. Im Beispiel rechts kann überschlägig, ohne Berücksichtigung der genauen Winkel und der Reibung, eine Sicherungskraft von 8.000daN angenommen werden.
Allerdings müssen die Zurrwinkel immer unter 45º liegen, um einen möglichst hohen formschlüssigen Anteil der Sicherungskraft zu erreichen.
Beispiel für ein Kopflashing.
Beispiel für ein Kreuzlashing.
Kreuzlashing
Das Kreuzlashing ist eine Variante des Kopflashings und ist bei stabilen Ladeeinheiten, wie Gitterboxen, leicht anwendbar. Paletten sind in diesem Falle nicht erforderlich, weil die Gurte durch die Ladung selbst positioniert werden.
Die überschlägig gerechnete Sicherungskraft ergibt sich, indem die LC der verwendeten Zurrösen addiert wird. Im Beispiel rechts werden vier Standard-Ösen mit je 2.000 daN benutzt, in Summe also 8.000 daN. Die Gurte müssen eine LC von > 2.000 daN haben.
Hier sollte vor allem bei den von oben kommenden Gurtenden (gelber Pfeil) die ganze Länge genutzt werden, um einen möglichst flachen Winkel zu erhalten.
Das Kopflashing/ Kreuzlashing kann ebenso für eine Ladung angewendet werden, die aufgrund der Lastverteilung nicht an der Stirnwand stehen kann. Das Anwendungsprinzip ist das gleiche.
Buchtlashing
Das Buchtlashing ist eine Methode, die auch als Loop-Lashing bekannt ist, und kommt wie vieles bei der Ladungssicherung aus der Seefahrt. Dabei wird zunächst eine Schlinge um die Ladung gelegt und die Schlingenenden im Anschluss am Transportmittel befestigt.
Im Bild ist die Gurtführung an einer Ladung gut zu erkennen. Wie beim Kopflashing ist die LC der Gurte und der Zurrösen entscheidend.
Das Modell zeigt die Gurtführung.
- Hier wird die Gurtschlaufe mit beiden Enden in die gleiche Öse eingehängt. Vorausgesetzt die Haken sitzen richtig. Die Sicherungskraft beträgt dabei 2.000 daN in jede Richtung.
- Hier werden die Gurtenden auf zwei Ösen verteilt. Damit ergibt sich eine Sicherungskraft von 2 x 2.000 daN in jede Richtung.
Die Methode ist allerdings nur für die Sicherung quer zur Fahrtrichtung geeignet und es müssen immer zwei Gurte zusammen wirken.
Die Sicherung in Fahrtrichtung kann durch Formschluss erreicht werden.
Mit entsprechender Fantasie lassen sich, gerade bei Maschinen und Anlagen Möglichkeiten zur Sicherung finden, die der Wirkung des Direktzurrens nahe kommen oder es sogar übertreffen. Das wurde auch in den Bildern deutlich.
Übertreffen deswegen, weil der durchgeschlaufte Gurt in zwei Zurrösen eingehängt wird und somit die doppelte LC genutzt werden kann.
Ihr Sigurd Ehringer
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Sigurd Ehringer
✔ VDI-zertifizierter Ausbilder für Ladungssicherung ✔ Fachbuch-Autor ✔ 8 Jahre Projektmanager ✔ 12 Jahre bei der Bundeswehr (Kompaniechef) ✔ 20 Jahre Vertriebserfahrung ✔ seit 1996 Berater/Ausbilder in der Logistik ✔ 44 Jahre Ausbilder/Trainer in verschiedenen Bereichen —> In einer Reihe von Fachbeiträgen aus der Praxis, zu Themen rund um den Container und LKW, erhalten Sie Profiwissen aus erster Hand. Wie sichert man Ladung korrekt und was sind die Grundlagen der Ladungssicherung? Erarbeitet und vorgestellt werden sie von Sigurd Ehringer, Inhaber von SE-LogCon.