Folge 27: Wie ist das mit den Zurrwinkeln?

Beim Nieder- oder Direktzurren lässt es sich nicht vermeiden, dass beim Anbringen der Sicherungsmittel Zurrwinkel auf der Ladefläche entstehen.

Welche sind das und worauf muss ich achten. Entscheidend ist immer, dass die Winkel in einer konkreten Situation beachtet werden, unter Berücksichtigung der jeweiligen Richtung der Beschleunigungs-/Verzögerungskräfte.

Niederzurren

Wenn ich also die Winkel betrachte, muss ich an der richtigen Position stehen, mit dem Blick entlang der Ladekante, an der die Zurrmittel befestigt sind.

Der Zurrwinkel α liegt zwischen der Ladefläche und dem Zurrmittel.

Wenn das gleiche Zurrmittel quer zur Fahrtrichtung betrachtet wird, muss der Winkel 90º zur Ladeflächenkante betragen, damit der Zurrwinkel α maximal wirken kann.

Es das nicht der Fall, ergibt sich automatische der Zurrwinkel β, der die wirkende Sicherungskraft weiter reduziert.

Um die Zusammenhänge zu verstehen müssen wir gedanklich in die Schulzeit zurückspringen und uns an den Satz des Pythagoras und das rechtwinklige Dreieck erinnern.

Genau diese Funktionen sind beim Niederzurren (auch beim Direktzurren) wichtig.

Beim Niederzurren kommt es auf den Kraftanteil an, der senkrecht auf der Ladefläche steht. Bei einem Zurrwinkel α von 90º wäre die grüne und die blaue Linie gleich lang.

Das bedeutet, dass die Vorspannkraft 1:1 auf die Ladefläche wirkt und damit zu 100% die Reibkraft zwischen Ladung und Ladefläche erhöht.

Haben wir nun, wie so oft, eine Ladung die schmäler ist die Ladefläche, wird der Zurrwinkel α automatisch kleiner als 90º.

Das führt zu dem Effekt, dass der senkrechte Kraftanteil, abhängig vom Winkel stark reduziert wird.

Fällt er unter eine bestimmte Größe, dann ist die Niederzurrmethode nicht mehr ausreichend wirksam.

Zusammenhänge und Berechnungen

Die nachfolgende Grafik zeigt den Zusammenhang zwischen Winkel, Vorspannkraft und Reibkraft. Verwendet wird eine Langhebel-Zugratsche mit einer STF=500daN. Das sollte der Standard sein.

Die zweite Spalte gibt den Zurrwinkel an und die dritte den dazugehörigen Sinus.

Man kann sich den Sinus auch als Prozentzahl vorstellen. Bei einem Zurrwinkel von 85º bleiben noch 99,6%, also 498 daN, der Vorspannkraft erhalten.

Die Spalte 5 zeigt die tatsächliche Sicherungskraft in Abhängigkeit vom Reibbeiwert. Bei einer besenreinen Ladefläche kann im Regelfall der Wert µ=0,3 angenommen werden.

Würde man auf diese besenreine Ladefläche eine Antirutschmatte korrekt positionieren, dann kämen die Werte in Spalte 6 zum tragen.

Die grünen Felder in der Tabelle zeigen die Werte, bei denen die Niederzurr-Methode ohne Risiken anwendbar ist. Bei den gelb unterlegten Feldern sollte der Winkel unbedingt berücksichtigt, also mitgerechnet werden. Die roten Felder zeigen den Bereich, in dem von der Niederzurrmethode Abstand genommen und eine andere Sicherungsmethode in Betracht gezogen werden sollte.

Allgemein muss auch das Gesamtgewicht der Ladung berücksichtigt werden. Ein Standard-Sattelauflieger mit 13,60 m Länge verfügt (gem. EN 12640) über mindestens 11 Zurrösen, häufig sind es 13. Das bedeutet es können nur maximal 11-13 Gurte angebracht werden und damit ist die maximale Sicherungskraft automatisch begrenzt. Bei einem Zurrwinkel von 85º wäre das eine Sicherungskraft ohne Antirutschmatten von 1.628 daN und mit Matten 3.245 daN. Das ist also nicht sehr viel.

Fazit

Diese Überlegungen zeigen, dass zwar die Niederzurrmethode am häufigsten angewendet wird, aber gleichzeitig extrem problematisch ist.

Ein Beispiel aus der Praxis. Beim Sichern dieser Rüttelplatte hat man fast keinen Fehler ausgelassen. Ungünstiger Zurrwinkel, verschmutzte Ladefläche, keine Antirutschmatten und unzulässige Anschlagpunkte.

Dieser Beitrag soll den Leser dazu anregen, die in seinem Bereich übliche Praxis beim Sichern von Ladung zu überprüfen und kritisch zu bewerten.

Bei Bedarf oder Unsicherheiten sollte die Sicherungsmethode gegebenenfalls gewechselt werden.

Ihr Sigurd Ehringer

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