Die Lastverteilung im Container ist immer wieder ein Thema das für Diskussionen sorgt. Der CTU-Code 2015 ist im Gegensatz zur alten „CTU-Packrichtlinie“ keine Empfehlung, sondern ein verbindliches Regelwerk das Vorgaben enthält, die einerseits einzuhalten sind und andererseits auch kontrolliert werden können.
Als Beispiel kann hier die Lückensumme hergenommen werden. Der Kontrollbeauftragte der Reederei oder Hafenbehörde öffnete den Container, misst den Abstand von der Hecktüre zu Ladung und beanstandet die Ladungssicherung, wenn der Abstand mehr als 15cm beträgt und er keine adäquate Sicherung erkennen kann. Er legt den Container still oder lässt kostenpflichtig nachbessern.
Sollte der Abstand zur Containertür mehr als 60cm betragen liegt der Verdacht nahe, dass der Container falsch beladen und die Lastverteilungsvorgaben nicht eingehalten wurden. Dazu muss der Kontrolleur nicht mal rechnen, es reicht den Abstand zu messen, weil die Detailprüfung ihm vermutlich recht gibt.
Die Lastverteilung ist deshalb wichtig, weil zwar in großen, modernen Häfen Spreader eingesetzt werden, die einen verschobenen Schwerpunkt am Geschirr ausgleichen können, in nachgeordneten Häfen muss das nicht so sein. Die Toleranz der Cellguides, die Führungsschienen an denen die Container in den Schiffsrumpf über 9-11 Containerlagen hinabgleiten, beträgt 4-5cm.
Dieser Spreader kann eine abweichende Schwerpunktlage ausgleichen.
Dieser Spreader kann das nicht, weil die Kraftlinien in einem Punkt am Haken zusammenlaufen.
Wie ist das nun mit der Lastverteilung?
Der CTU-Code macht in der Anlage 7 Absatz 3.1.4 eindeutige Vorgaben zum Schwerpunkt und gibt vor:
„Generell soll der außermittige Schwerpunkt der Ladung nicht mehr als ±5% betragen. Als Faustregel kann von 60% der Gesamtmasse der Ladung auf 50% der Länge des Frachtcontainers ausgegangen werden. Unter besonderen Umständen könnte eine Abweichung bis zu ±10% akzeptiert werden, da modernes Ladegeschirr zum Umschlag von ISO-Containern in der Lage ist, solche Abweichungen auszugleichen. Die genaue Lage des Schwerpunkts in Längsrichtung der Ladung kann berechnet werden (siehe Anhang 4)“.
Als Grafik lässt sich die Situation leichter darstellen.
Im Absatz 4.2.2 auf Seite 18 überträgt der CTU-Code dem Versender die Pflicht, den Befrachter (Reederei; Frachtführer) über abweichende Schwerpunktlage zu informieren.
Das Problem vor dem der verantwortliche Belader jetzt steht ist die Frage, wie kann ich diesen Zustand sicherstellen. Die Lösung heißt Stauplan! Der wird leider selten erstellt, was dann natürlich zu Problemen führt. Meistens fängt der Belader mit der schönen, bequemen Ladung an der Stirnseite an, in der Hoffnung, dass ihm im Verlauf des Stauens für die Problemladung eine Lösung einfällt. Nachdem dies oft nicht der Fall ist, steht sie im Bereich der Tür und ist das erste, was der Kontrolleur sieht.
Das ist die Formel aus dem CTU-Code, mit der das Problem der Lastverteilung gelöst werden kann. Von welcher Erwartungshaltung gehen die CTU-Code-Schreiber aus? Der eine oder andere wird bereits vor dem optischen Eindruck der Formel zurückschrecken.
Die Formel lässt sich jedoch einfach erklären. Es muss nach dem Hebelprinzip die Kraft ausgerechnet werden, welche jede einzelne Ladeeinheit ausübt.
Das ist eine Fleißaufgabe und setzt voraus, dass der Schwerpunkt und das Gewicht der Ladeeinheit bekannt sind.
Bei normal gepackten Europaletten kann im Regelfall davon ausgegangen werden, dass er jeweils in der Mitte liegt. Also 60cm oder 40cm von der Palettenkante, je nachdem wie sie gestaut sind.
Bei Maschinen und Anlagen muss die Konstruktionsabteilung dazu eine konkrete Angabe machen.
Diese Grafik aus dem CTU-Code Anhang 4 auf Seite 133 macht das Verstehen schon leichter und zeigt, wie gemessen werden muss.
Das Rechenbeispiel aus dem CTU-Code kann gleichzeitig als Vorlage für eine Rechentabelle dienen. Die Summe aller Einzelberechnungen wird durch das Gesamtgewicht der Ladung geteilt. Daraus ergibt sich der Abstand des Gesamtschwerpunktes zur Stirnwand. Dieser Abstand muss dann im 5%- oder 10%-Bereich des Containers liegen.
Ein klassischer Fünferblock aus Europaletten, die alle gleich schwer sind, kann vereinfacht gerechnet werden.
5 x 800kg x 1,20m = 4.800kgm
Für den zweiten Fünferblock würde die Rechnung wie folgt aussehen:
5 x 800kg x 3,60m = 14.400kgm
Die Berechnung des Schwerpunktes ergibt sich dann aus:
4.800kgm + 14.400kgm = 2,4m
_________________________________
8.000kg
Diese Lage lässt sich auch rein optisch ableiten.
Falls sich das Gewicht der Paletten wesentlich unterscheidet, muss tatsächlich jede Ladeeinheit separat gerechnet werden.
Für dieses fiktive Beispiel würde die Rechnung wie folgt aussehen:
700kg x 0,40m = 280kgm
800kg x 1,20m = 960kgm
900kg x 2,00m = 1.800kgm
1.000kg x 0,60m = 600kgm
1.100kg x 1,60m = 1.760kgm
_____________________________
4.500kg 5.400kgm
5.400kgm / 4.500kg = 1,20m
Der Gesamtschwerpunkt des Fünferblocks liegt, auch bei unterschiedlichem Gewicht der Ladeeinheiten, bei 1,20m von der Stirnwand. Haben die Ladungsträger abweichende Maße, muss das natürlich nicht stimmen.
Die gezeigten Beispiele machen deutlich, dass die Berechnung des Gesamtschwerpunktes kein Hexenwerk ist. Daraus einen Stauplan zu erstellen ist dagegen schon schwieriger.
In Unternehmen, bei denen diese Situation regelmäßig vorkommt lohnt es sich, mit etwas Fleiß, die Rechentabelle so aufzubauen, dass sie gleichzeitig als Stauplan dienen kann.
Das hin-und-her-jonglieren wird dadurch einfacher. Die Grafik zeigt beispielhaft, wie so eine Tabelle aussehen könnte.
In Anlage 7 Absatz 3.1.4 macht der CTU-Code genauere Vorgaben. Im Regelfall sollte die Schwerpunktabweichung bei 5% von der Container-Mitte liegen. Beim 40Fuß-Container wären das +/-30cm außerhalb der Längsmitte und beim 20Fuß +/- 15cm.
Sollte der Schwerpunkt außerhalb der 10%-Vorgabe liegen, kann noch überprüft werden, ob die Verteilung 60/40 zum Erfolg führt. Das heißt 60% des Ladungsgewichts befinden sich in der einen Hälfte des Containers und die 40% in der anderen. Beim Anwenden dieser 60/40-Regel sollte jedoch darauf geachtet werden, dass sich die 60% nicht an der Stirnwand befinden, um die Antriebsachlast der Zugmaschine nicht zu überschritten. Das kann in verschiedenen Ländern sehr teuer werden.
Es sind alle drei Varianten zulässig, wobei die 5%-Regel generell anzustreben wäre. Falls keine der drei Vorgaben zum Erfolg führt ist auf alle Fälle mit dem Befrachter (Reederei/Spedition) Rücksprache zu halten. Dies kann insbesondere bei Maschinen und Anlagen der Fall sein.
Die Untersuchung von Vorfällen mit Containerschiffen, wie z.B. verlorene Container auf See, zeigen immer wieder, dass falsche Ladungssicherung oder Lastverteilung im Container, eine der Ursachen seinen können die, wie beim Domino-Effekt, zu viel größeren Schäden führen. Ein verlorener Container, der knapp an der Oberfläche schwimmt, ist auch für die allgemeine Seefahrt, insbesondere für die Fahrtensegler, eine erhebliche Gefahr.
Ich hoffe, dass ich die Beteiligten/Betroffenen dazu anregen konnte, sich mit der Situation zu befassen und eine unternehmensspezifische Lösung zu entwickeln. Der Einsatz lohnt sich, denn das Umstauen und Nachbessern kostet viel mehr Zeit und Geld.
Ihr Sigurd Ehringer
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oben im Container notwendig?
Sigurd Ehringer
✔ VDI-zertifizierter Ausbilder für Ladungssicherung ✔ Fachbuch-Autor ✔ 8 Jahre Projektmanager ✔ 12 Jahre bei der Bundeswehr (Kompaniechef) ✔ 20 Jahre Vertriebserfahrung ✔ seit 1996 Berater/Ausbilder in der Logistik ✔ 44 Jahre Ausbilder/Trainer in verschiedenen Bereichen —> In einer Reihe von Fachbeiträgen aus der Praxis, zu Themen rund um den Container und LKW, erhalten Sie Profiwissen aus erster Hand. Wie sichert man Ladung korrekt und was sind die Grundlagen der Ladungssicherung? Erarbeitet und vorgestellt werden sie von Sigurd Ehringer, Inhaber von SE-LogCon.