Folge 23: Formschluss beim LKW

Die Ladung mit formschlüssigen Sicherungsmethoden zu sichern, ist in den meisten Fällen die beste, einfachste und sicherste Lösung. In der Praxis herrscht jedoch oft Unklarheit darüber, welche Randbedingungen erfüllt sein müssen, damit das tatsächlich funktioniert.

Randbedingungen aus den Normen

Seit 2007 gibt es die EN-12642 mit dem sperrigen Titel: „Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen – Aufbauten an Nutzfahrzeugen – Mindestanforderungen; Deutsche Fassung EN 12642:2016“.

Die Vorgaben beziehen sich auf die Stirnwand, die Seitenwände und das Heckportal. Die Prüfung der Bodenbelastung ist nicht beinhaltet, weil diese bereits in der EN-283 enthalten sind. Die Norm lässt den Aufbauherstellern viele Freiheiten, solange die geprüften Festigkeiten innerhalb der Vorgaben liegen.

Die nachfolgende Übersicht ist ein Auszug aus der Norm mit den aktuellen Vorgaben. Der Buchstabe „P“ steht für die technische Nutzlast des Fahrzeugs, bzw. des Aufbaus. Beim Standard-Sattelauflieger ist das im Regelfall der Wert 27.000 kg.

Die Festigkeit der Stirnwand muss auf der ganzen Breite und bis dreiviertel der Höhe geprüft werden. Um formschlüssig zu sichern, muss diese Fläche berücksichtigt werden. Vor allem auf die Ladebreite ist zu achten.

Für den Verlader kommen noch drei wichtige Kontroll-Aspekte hinzu, nämlich

  • die in der Norm festgelegte Kennzeichnungspflicht
  • der Nachweis für jeden Aufbau mit einem Zertifikat
  • die Vorgabe der Hersteller, dass die Aufbauten jährlich einmal zu prüfen sind

Diese Art von Abstandshalter wirkt auf die Stirnwand wie ein Büchsenöffner. Im Falle einer Vollbremsung würde die Stirnwand einfach durchgedrückt werden. Der Verlader muss also darauf achten, dass die Stirnwand zumindest in der ganzen Breite belastet wird.

Randbedingungen der Hersteller

Soviel zu den Randbedingungen, welche von der Norm vorgegeben sind. Damit die Aufbauten die Kräfte aufnehmen können, haben die Hersteller ebenfalls Randbedingungen formuliert. Diese sind im Zertifikat, auf den jeweiligen Aufbau bezogen, beschrieben.

In der Praxis hat sich gezeigt, dass diese Randbedingungen bei allen Herstellern im Wesentlichen die gleichen sind.

Sie lauten:

  • Gleit-Reibbeiwert von mindestens μD = 0,30
  • Formschlüssige Beladung in Fahrtrichtung
  • Ladungsbreite mindestens 240 cm
  • Max. zulässiger Abstand Ladung/Rückwand 15 cm

Meistens werden für spezielle Ladungen, wie z.B. Getränke, noch besondere Vorgaben gemacht, an die sich sowohl der Fahrzeughalter, als auch der Verlader zu halten hat.

Wie sieht das ganze in der Praxis aus. Der LKW kommt in die Ladezone, der Fahrer schiebt die linke Plane auf, der Staplerfahrer stellt die Ladung auf die Ladefläche, der Fahrer schließt die Plane wieder und fährt los. So ungefähr laufen die meisten Verladungen ab.

Erforderliche Maßnahmen

1. Der Verlader sollte prüfen, ob der Fahrer das Code XL-Zertifikat dabei hat und es lesen, um festzustellen, welche Besonderheiten zu beachten
sind.

Dann ist eine Augenkontrolle erforderlich, um sicherzustellen, dass die Aufbaufestigkeit nicht durch Schäden beeinträchtigt wird. Als letztes ist der Nachweis für die jährliche Prüfung zu kontrollieren.

Fahrzeuge, mit Schäden wie im Bild, sollten auf keinen Fall beladen werden.

2. Eine solche Kennzeichnung würde das Zertifikat nicht ersetzen, aber als Code XL Nachweis erst mal ausreichen. Gemäß der neueren Kennzeichnungsvorschrift muss die Belastbarkeit der Stirnwand sogar in verschiedenen Höhen angegeben werden.

3. Als letztes ist der Nachweis für die jährliche Prüfung zu kontrollieren. Die könnten so oder ähnlich aussehen, aber auch die Papierform wäre in Ordnung.

4. Der Hersteller macht die Vorgabe, dass der Gleit-Reibbeiwert mindestens μD=0,30 betragen soll. Dieser Zustand kann erreicht werden, wenn der  Fahrer die Ladefläche ordentlich mit einem Besen abkehrt.

Besenrein, das ist das Zauberwort. In der Ladungssicherung kann an vielen Schrauben gedreht werden, aber mit der „Reibungsschraube“ bewegt sich viel. Der Verlader muss also nachweislich sicherstellen, dass die Ladefläche vor dem Beladen abgekehrt wurde.

Formschlüssige Beladung in Fahrtrichtung

Formschlüssige Beladung in Fahrtrichtung bedeutet, dass die Ladeeinheiten beginnend an der Stirnwand lückenlos aneinander gereiht werden. Dabei kommt es darauf an, dass die Kräfte aus den einzelnen Ladeeinheiten durchgängig an die Stirnwand übertragen werden.

Instabile, über- oder unterbaute Ladeeinheiten tun das nicht. Beispiel dazu:

Eine solche Ladung wird sich in jede freie Lücke bewegen. Die Ladeeinheiten-Sicherung ist vollkommen unzureichend.

Überbaute Paletten übertragen die Kräfte über das Produkt an die Stirnwand oder andere Ladeeinheiten. Der Schadensfall ist vorprogrammiert.

Ob die Aufbaufestigkeiten tatsächlich die Ladung über Formschluss sichern können, hängt entscheidend von der Art der Ladeeinheiten und deren Sicherung ab. Bei einer solchen Ladeinheit von Formschluss zu reden ist grob fahrlässig, denn die Stirnwand wird unweigerlich beschädigt.

Formschlüssige Beladung zur Seite

Formschlüssige Beladung nach hinten

Die Summe der zulässigen Lücken ergibt sich aus der maximalen Innenbreite des Aufbaus, abzüglich 2,40 m. Ein gängiges Maß sind 8 cm als Lückensumme.
Formschlüssige Beladung nach hinten bedeutet, dass der Abstand zum Heckportal maximal 15 cm betragen darf. Ist der Abstand größer, muss er entweder ausgefüllt werden oder die Ladung ist nach hinten zu sichern. Um den Abstand auszufüllen, gibt es mehrere Lösungen. Die gängige Lösung ist die Verwendung von Europaletten.

Sofern die Paletten stehend gestaut werden, muss darauf geachtet werden, dass sie beim Öffnen der Hecktüre nicht herausfallen.

Es ist also besser, die Paletten vor der letzten Ladereihe zu positionieren.

Zusammenfassung der Vorgaben

Das bedeutet, wenn die Vorgaben, welche ich vorstehend beschrieben habe, nicht erfüllt werden, dann übernimmt der Hersteller keine Garantie, dass der Aufbau die Sicherungskräfte aufnehmen kann. Der verantwortliche Verlader ist also gehalten, nachweislich dafür zu sorgen, dass die notwendigen Maßnahmen/Kontrollen durchgeführt werden.

Falls nicht, hat er gemäß §22 StVO „Ladung“, unter Anwendung der Methoden entsprechend der „VDI-2700 „Ladungssicherung auf Straßenfahrzeugen“, (die anerkannten Regeln der Technik) anzuwenden. Er muss auch im Fall der Fälle den Nachweis erbringen, wie die Ladungssicherung zu dem Zeitpunkt ausgesehen hat, als der LKW den Verantwortungsbereich des Verladers verlassen hat.

Leider zeigt die Praxis, dass oft mit viel Glück gearbeitet wird.

Ihr Sigurd Ehringer

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